Erste deutsche Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Essstörungen wurden im Jahr 2000 sowohl von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) als auch von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) veröffentlicht. Beide Leitlinien entsprachen der Entwicklungsstufe 1, d. h. sie gründeten sich auf eine Expert*innenengruppe der jeweiligen Fachgesellschaft, mit dem Ziel, im informellen Konsens Empfehlungen zu Diagnostik und Behandlung der Essstörungen auszusprechen.
Im Herbst 2003 beschloss die Konferenz der Hochschullehrer*innen des Fachs Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (DGPM), evidenzbasierte Leitlinien für Essstörungen der Entwicklungsstufe 3 in Deutschland zu entwickeln. Folgende Fachgesellschaften und Verbände waren hieran beteiligt: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Psychologie - Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie (DGPs), Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM), Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM). Die erste evidenzbasierte S3-Leitlinie für Essstörungen erschien 2010.
Mit dem Ziel, die Inhalte evidenzbasierter Leitlinien Patient*innen und Angehörigen zu vermitteln, wurden die Patientenleitlinien 2015, nunmehr unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen (DGESS), veröffentlicht. Neben der laienverständlichen Umformulierung der wissenschaftlichen Leitlinien gehen die Patientenleitlinien auf Versorgungsstrukturen ein und unterstützen die Kommunikation mit professionellen Versorger*innen im Gesundheitssystem von Hausärzten und Hausärztinnen bis hin zu ärztlichen oder psychologischen (Kinder- und Jugendlichen-)Psychotherapeut*innen.
Die zweite, überarbeitete Fassung der S3-Leitlinien erschien 2018 und wurde unter der Leitung der AWMF von den Mandatsträger*innen der weiter oben genannten Fachgesellschaften und Verbänden unter Einbeziehung von Patient*innen erstellt. Die Leitlinie finden Sie hier.
Die dritte, überarbeitete Version der S3-Leitlinien ist aktuell in Arbeit und soll 2026 erscheinen. Die Leitlinienkoordination hat dabei Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann übernommen. Federführend wirken dabei mit:
• Deutsche Gesellschaft für Essstörungen (DGESS)
• Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP)
• Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)
• Deutsche Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM)
Darüber hinaus wirken mit:
• Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)
• Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)
• Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
• Deutsche Ärztliche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DÄVT)
• Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG)
• Deutsche Gesellschaft für Verhaltensmedizin und Verhaltensmodifikation (DGVM)
• Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT)
• Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSP)
• Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Psychosomatik
• Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
• Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin
• Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
• Bundesfachverband Essstörungen (BFE)
• Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)
• Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT)
• Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (DPV)
• Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland (VAKJP)
• Kinder- und Jugendlichen – Psychotherapie Verhaltenstherapie (KJPVT)
Folgende DGESS Mitglieder sind an der Erstellung der 3. Version der S3-Leitlinie beteiligt: Prof. Dr. Timo Brockmeyer, Prof. Dr. Ulrich Cuntz, Prof. Dr. Stefan Ehrlich, Prof. Dr. Hans-Christoph Friederich, Prof. Dr. Katrin Giel, Dr. Verena Haas, Prof. Dr. Andrea Hartmann-Firnkorn, Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann (Koordinatorin), Prof. Dr. Anja Hilbert, Prof. Dr. Andreas Karwautz, Prof. Dr. Anette Kersting, Prof. Dr. Tanja Legenbauer, Prof. Dr. Astrid Müller, Prof. Dr. Georgios Paslakis, Dr. Gaby Resmark, Dr. Ricarda Schmidt, Dr. Kathrin Schag, Prof. Dr. Jennifer Svaldi, Prof. Dr. Martin Teufel, Prof. Dr. Silja Vocks, Prof. Dr. Ulrich Voderholzer, Dr. Wally Wünsch-Leiteritz, Prof. Dr. Almut Zeeck, Prof. Dr. Stephan Zipfel, Prof. Dr. Martina de Zwaan
Zielsetzung
Evidenzbasierte Leitlinien sind das Ergebnis eines systematischen Entwicklungsprozesses und stellen sowohl wissenschaftliche (empirische) als auch praxisorientierte Handlungsempfehlungen dar. Sie verfolgen das Ziel, die Versorger*innen und die Patient*innen bei ihren Entscheidungen in Fragen der Diagnostik und Behandlung zu unterstützen. Von daher dienen Leitlinien der Qualitätsentwicklung im Gesundheitssystem. Leitlinien zeichnen sich durch Handlungsempfehlungen aus, die das Resultat einer eingehenden wissenschaftlichen und damit transparenten Analyse des aktuellen Erkenntnisstands sind. Gleichzeitig beinhalten sie Wertungen von Studienergebnissen im Hinblick auf ihre klinische Relevanz und Anwendbarkeit. Die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) spricht von „Handlungs- und Entscheidungskorridoren“, innerhalb derer sich die Diagnostik und insbesondere die Therapie der individuellen Patient*innen bewegt, innerhalb derer aber auch ihre oder seine Präferenzen ermittelt und im Rahmen einer partizipativen Entscheidungsfindung berücksichtigt werden müssen. Im Hinblick auf die Qualitätsentwicklung von Diagnostik und Therapie der Essstörungen hoffen wir, mit der fortlaufenden Überarbeitung und Aktualisierung der Leitlinien einen sinnvollen Beitrag zu leisten, der dazu beiträgt, den Heilungserfolg und die Lebensqualität bei Patient*innen mit Essstörung und ihren Angehörigen zu verbessern.